Wir schaffen Lebensräume

Unsere Natur – unsere Verantwortung

Die Erschließung und Gewinnung von Bodenschätzen stellt stets einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Dieser Tatsache sowie der damit einhergehenden Verantwortung sind wir uns vollauf bewusst. Wir gehen daher bei allen für den Abbaubetrieb notwendigen Maßnahmen mit größter Sorgfalt und Rücksicht vor.

In all unseren Abbaustätten pflegen wir eine kontinuierliche kooperative Zusammenarbeit mit den unteren Naturschutzbehörden. Dies erleichtert eine naturverträgliche Ausrichtung und Koordination der Betriebsprozesse. Ferner ist die natur- und artenschutzbezogene Expertise für uns von unschätzbarem Wert, wenn bspw. die Umsiedlung einer Tier- oder Pflanzenart aus einem Abbaufeld erforderlich ist. Mit der Naturschutzbehörde stimmen wir außerdem Pflegemaßnahmen (z. B. Entbuschen, Baumentnahmen) ab, die wir zum Lebensraumerhalt verschiedener Steinbruchbewohner durchführen.

1987 verfasste die Brundtland-Kommission eine allgemeingültige Definition für Nachhaltigkeit. Darin heißt es: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“. Diesem Grundsatz folgen wir auch mit der beständigen Verbesserung unserer CO2-Bilanz. Wo immer möglich setzen wir auf emissionssparende Lösungen und erneuerbare Energien. Im Kalksteinwerk Hardegsen-Lutterhausen wird daher ein Teil der Betriebsinfrastruktur mit einer Kombination aus eigenproduzierter Solarenergie und selbstgewonnener Erdwärme versorgt. Die Klassieranlage besitzt eine staub- und lärmmindernde Ausstattung.

Der Steinbruch – ein dynamisches Ökosystem

Steinbrüche bieten eine große, eng verzahnte Vielfalt unterschiedlicher Lebensräume. Bereits während sie als Abbaustätten genutzt werden, dienen sie vielen, teils seltenen oder bedrohten Arten als Rückzugsorte. Da Gewinnung und Produktion jeweils nur punktuell erfolgen, bleiben weite Teile des Steinbruchs über längere Zeiträume vom Abbau unberührt. Gleichzeitig hält die Nutzung als Abbaustätte Besucher*innen- und Freizeitdruck vom Steinbruch fern. Dies ermöglicht eine weitgehend ungestörte Entfaltung der Natur. Weil sie nicht auf natürlichem Wege, sondern durch Menschenhand entstehen, heißen solche Lebensräume in der Biologie Sekundärbiotope.

Aktive Steinbrüche sind durch eine weitere Besonderheit gekennzeichnet: Die Abbautätigkeit erzeugt sogenannte Wanderbiotope, die dem ‚wandernden‘ Abbau durch den Steinbruch folgen. Es entsteht eine bemerkenswerte dynamische Strukturvielfalt mit zahlreichen verschieden beschaffenen Zonen unterschiedlichen Alters. Ein Steinbruch kann so einen großen Reichtum an Arten beherbergen, die auf bestimmte Altersstadien ihrer Lebensräume spezialisiert oder angewiesen sind.

Artenvielfalt im Steinbruch

Wie vorstehend beschrieben, begünstigt das polymorphe (vielgestaltige) Strukturgefüge von Steinbrüchen die Ansiedlung vielzähliger unterschiedlicher Arten. Beispielsweise hält der sich durch die Abbautätigkeit immer wieder verjüngende Steinbruch stets eine junge Vegetation bereit. Diese bietet ein breitgefächertes Nahrungsangebot für Feldhasen. Das kleinteilige Biotopmosaik ist ideal für die Lebensraumansprüche von Schlangen, Blindschleichen und Eidechsen.

Ein weiteres Beispiel für solche ökologischen Nischen sind die vegetationslosen wechseltrockenen Rohböden (Gesteinsrohböden, Lockersediment-Rohböden). Sie fungieren als attraktive und wertvolle Habitate unter anderem für Heuschrecken, Laufkäfer und Spinnen. Natürlicherweise existieren solche Rohböden nur in Gebirgen und anderen erosionsanfälligen Regionen. Steinbrüche als Sekundärbiotope erweitern das Vorkommen dieses Lebensraumtyps.

Temporäre und vegetationsarme, fischlose Flachgewässer, wie sie im Rahmen von Abbautätigkeiten entstehen, eignen sich für verschiedene Arten zur Eiablage. Diverse Insekten-, Spinnen- und Schneckenarten finden in den Felsspalten ausgezeichnete Quartiere zum Überwintern. Frisch aufgeschlossene Erdböden werden von Pionierpflanzen besiedelt, für die in gereiften Biotopen oftmals keine geeigneten Standorte vorhanden sind.

Insbesondere in landwirtschaftlich geprägten Regionen ist von großem Wert, dass Steinbrüche eine weitgehend schadstofffreie, von Düngemitteln verschonte Umgebung bereitstellen. Stickstoffdünger und die damit einhergehende Überversorgung mit Nährstoffen stellt für viele Lebewesen eine Bedrohung dar. Von Wildpflanzen über Schmetterlingsraupen und nektarsammelnde Insekten, Vögel und Kleinsäuger wie Igel, Fledermaus und Spitzmaus, bis hin zu größeren Pflanzenfressern und Beutegreifern (z. B. Raubvögel, Wildkatze, Luchs) profitiert die gesamte Nahrungskette von düngerfreien Habitaten, wie Steinbrüche sie bieten.

Ausnahmebiotop Kalklandschaft

Stark kalkhaltige Böden sind besonders nährstoffarm und trocken. Was unwirtlich klingen mag, ist aber mitnichten lebensfeindlich. Kalkmagerrasen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Europas. Früher, zu Zeiten einer allgegenwärtigen Weidehaltung von Schafen und Ziegen, waren Kalkmagerrasen eine weitverbreite Kulturlandschaftsart. Durch Nutzungsaufgabe, -intensivierung und Aufforstung verschwand dieser Biotoptyp in den letzten 150 Jahren jedoch zusehends.

Heute gilt der Lebensraum Kalkmagerrasen als stark bedroht. Verbliebene Flächen stehen bundes- und europaweit unter besonderem Schutz und zahlreiche Renaturierungsprojekte sind in Arbeit. Eine solche Entwicklung nahm auch der Kamm der Weper. Seine frühere Kalkmagerrasenlandschaft verschwand durch Aufforstung. Inzwischen ist sie in Teilen wiederhergestellt und steht unter Schutz.

Der Kalksteinbruch Hardegsen-Lutterhausen befindet sich östlich des europarechtlich gesicherten, 842 ha großen Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebietes „Weper, Gladeberg und Aschenburg“. Es erstreckt sich von Harste im Süden bis nach Fredelsloh im Norden. Seine Schutzziele gelten sich v. a. den Kalkmagerrasen des Weperkamms, die sich vornehmlich über die unbewaldeten Westhänge ziehen. Ebenfalls liegt das Augenmerk auf dem Erhalt und der Entwicklung offen gelassener ehemaliger Muschelkalk-Abbaubereiche. Ein Beispiel hierfür ist der alte Steinbruch Hünscheburg nördlich von Hardegsen. Solche offenlandigen Kalkbodenbiotope beheimaten einen großen Reichtum an teils sehr selten gewordenen Kräutern, Gräsern und Blühpflanzen. Diese stellen ihrerseits ein vielfältiges Nahrungs- und Quartiersangebot für zahlreiche Mitglieder der bedrohten Insektenwelt dar.

Ein ca. 200 ha umfassender Teil der Weper wurde bereits 1983 von der niedersächsischen Landesregierung als Naturschutzgebiet (NSG) ausgewiesen: Mit seinem Strukturmix aus Pionierrasen, Gebüschen und Kalkschuttflächen hatte es schon damals den Status eines der größten und artenreichsten Trockenrasenkomplexe Niedersachsens inne. Das heutige FFH-Gebiet, das auch das NSG beinhaltet, wurde 2004 als „Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung“ gemäß FFH-Richtlinien bestätigt. Im Jahr 2020 folgte die Erweiterung des NSG auf eine Gesamtfläche von 267 ha. Zeitgleich wurden die übrigen Flächen des FFH-Gebietes zusätzlich als Landschaftsschutzgebiet gesichert.

Zu den besonders wertvollen Pflanzenarten des FFH-Gebiets zählen Lothringer Lein, Großes Windröschen und Kreuz-Enzian. Ferner beherbergt es diverse Orchideenarten wie Frauenschuh und Fliegen-Ragwurz – Wildpflanzen, die auch als typische Besiedler von Kalksteinbrüchen gelten. Schmetterlingsarten wie der streng geschützte Quendel-Ameisenbläuling, das Blutströpfchen und das Schachbrett sind kostbare Vertreter der hiesigen Fauna.

Pflanzenschätze im Kalksteinbruch Hardegsen-Lutterhausen

In unserem Kalksteinbruch Hardegsen-Lutterhausen finden sich u. a. drei Pflanzenarten, denen im Rahmen des Natur- und Artenschutzes eine erhöhte Aufmerksamkeit zuteilwird. Dabei handelt es sich um den Schmalblättrigen Hohlzahn (Galeopsis angustifolium), den Trauben-Gamander (Teucrium botrys) und den Echten Bergsesel (Seseli montanum). Sie sind ebenfalls im nahen FFH-Gebiet und dessen unmittelbarem Umfeld vertreten.

Der Trauben-Gamander ist in der Verordnung zum FFH-Gebiet explizit als „wertbestimmende Pflanzenart der Pionierrasen“ aufgeführt. Ihm wird eine stabile Population in der Schutzzone bescheinigt. Für den Trauben-Gamander ist die „Erhaltung und Entwicklung naturnaher besonnter, offen gelassener ehemaliger Muschelkalk-Abbaubereiche sowie offener, steiniger, lückiger Stellen von Kalkmagerrasen mit Pionierrasen“ bestimmt. Die bis zu 30 cm hohe Pflanze aus der Familie der Lippenblütler dient u. a. Wildbienen als Futterpflanze. In unserem Steinbruch hat sich der Trauben-Gamander ausgerechnet ein Plätzchen gewählt hat, das vom Abbau betroffen sein wird. Daher sind Umsiedlungsmaßnahmen vorgesehen.

Eine Rarität hat es sich in Form des Echten Bergsesels (auch: Bergsteppenfenchel) in unserem Kalksteinbruch gemütlich gemacht. Auf der Weper befindet sich das einzige Vorkommen dieses Doldenblütlers in Deutschland. Nachforschungen der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft zufolge dürfte die indigene Art Seseli montanum seit über 100 Jahren hier existieren. Das Gebiet war damals noch gehölzfrei, jedoch wurde ab etwa 1875 mit der allmählichen Aufforstung begonnen.

In einer der ersten Dokumentationen 1904 wurde der Bestand noch als „reichlich“ bekundet; Kartierungsarbeiten im Jahr 1969, als der Bereich bereits nahezu vollständig bewaldet war, ergaben nur noch einen spärlichen Bestand in einem kleinen steilen Halbtrockenrasenstück. Dieser Fundort verschwand nachweislich im Zuge der Anlage des Kalksteinbruchs Hardegsen-Lutterhausen für das damalige Hardegser Zementwerk. Eine große und erfreuliche Überraschung war dann der Fund eines neuen Seseli-Standortes auf der Weper bei Pflanzenkartierungsarbeiten 1987.

Seit seiner Wiederentdeckung genießt der Echte Bergsesel kontinuierliche Aufmerksamkeit und Pflege seitens Naturschutz, Pflanzenforschung und Landesforsten. Vom Experimentellen Botanischen Garten der Universität Göttingen wird der Bergsesel kultiviert, vermehrt und auf der Weper ausgebracht. Samen für die Sicherungszucht im Botanischen Garten werden jeweils von den Pflanzen auf der Weper geerntet. Der Bergsesel wächst größtenteils außerhalb unserer Abbaufläche. In Abstimmung mit den zuständigen Expert*innen wird durch Pflegemaßnahmen auch die kleine Population innerhalb des Steinbruchgeländes gefördert. Soweit Seseli-Standorte von den Abbautätigkeiten betroffen sind, werden die Pflanzen fachgerecht umgesiedelt.

Rekultivierung/Renaturierung

Unter dem Begriff Rekultivierung wird die Wiederherstellung der ursprünglichen Kulturlandschaft oder die Schaffung einer neuen Kulturlandschaft verstanden. Ziel der Rekultivierung ist es, „das Leistungsvermögen des Landschaftshaushalts wiederherzustellen, damit eine planmäßige Folgenutzung des Gebiets ermöglicht wird“ (Lexikon Spektrum der Wissenschaft). Renaturierung hingegen zielt auf die Wiederherstellung eines „möglichst naturnahen Zustandes von Landschaften oder ihrer einzelnen Elemente“ ab, in deren Folge das Ökosystem die „Möglichkeit einer ungestörten natürlichen Weiterentwicklung“ erhält (Lexikon Spektrum der Wissenschaft).

Für den Kalksteinbruch Hardegsen-Lutterhausen besteht die Ende der 1970er Jahre festgesetzte Verpflichtung zur Rekultivierung des Geländes nach Abschluss des Abbaus. Im südlichen und südwestlichen Bereich wurden entsprechende Maßnahmen (Anlage und teilweise Bepflanzung von Böschungen) schon vor einigen Jahren durchgeführt. Entlang der Westseite ist gemäß den Festlegungen u. a. das Herstellen einer Böschung parallel zum Kamm der Weper vorgesehen. Das Gefälle wird von einem Absatz (Berme) mit Weg unterbrochen. Der westliche Böschungsbereich soll der natürlichen Ansiedlung und Entwicklung des Pflanzen- und Tierbestandes (Sukzession) überlassen bleiben. Für die Steinbruchsohle ist eine Wiederaufforstung verfügt.

Nicht immer genügen solche in den Anfängen eines Abbaubetriebes getroffenen Planfestlegungen am Ende des (üblicherweise mehrere Jahrzehnte überspannenden) Abbaus den zwischenzeitlich erwachsenen Ansprüchen. Wissenschaftliche Erkenntnisgewinne, sozialpolitische Interessen und gesellschaftliche Wahrnehmung unterliegen einem stetigen Wandel, mit dem eine Verschiebung der Prämissen einhergeht. Ebenfalls verändert sich der Steinbruch und mit ihm seine Funktion als Sekundärbiotop. So siedeln sich bspw. während des laufenden Abbaus Pflanze und Tiere an, deren Lebensraum eine Umsetzung der ursprünglichen Planung vernichten würde.

Nach Beendigung des Abbaus geht es also nicht nur darum, lange bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Vielmehr ist die beste Lösung für den dann bestehenden Ist-Zustand anzustreben. Ein Beispiel aus unserer Vergangenheit ist das Steinbruchgelände Vogelbeck: Hierfür beantragten wir 2001 eine Änderung der Rekultivierungsvorgaben. Andernfalls hätte die ursprünglich vorgeschriebene Rückumwandlung in Ackerflächen den zwischenzeitlich ansässig gewordenen Arten die Lebensgrundlage entzogen.

Prognosen darüber, was die Zukunft für das Steinbruchgelände Hardegsen-Lutterhausen bereithält, wären zum momentanen Zeitpunkt freilich verfrüht. Was sich allerdings jetzt schon zeigt, sind die zunehmend intensiven Bemühungen zur Unterstützung der Seseli-Population. Hierfür wurde 2019 bereits eine Einzelfallvereinbarung getroffen. Anstelle der vergleichsweise weniger wertstiftenden Kompensationsmaßnahmen legt diese zielgerichtete Maßnahmen zur Förderung der Bergsesel-Bestände fest.