Wir schaffen Lebensräume!
31.08.2010 - Gelbbauchunken-Babys für Gimte
Im Kieswerk Gimte der August Oppermann Kiesgewinnungs- und Vertriebs-GmbH wird nicht nur seit mehr als 50 Jahren verantwortungsbewusst Kies abgebaut – auf dem Gebiet der Ballertasche entstehen durch den Kiesabbau auch immer wieder wertvolle Lebensräume für seltene und vom Aussterben bedrohte Tierarten. In der Weserschleife gelegen, bieten Teile des ca. 70 ha großen Areals vor allem den Lebewesen ideale Rückzugsmöglichkeiten, deren ursprünglicher Lebensraum, wie Bach- und Flussauen, vom Menschen durch Begradigungen und Eindämmungen zerstört wurde. Neben Reptilien, wie der gefährdeten Zauneidechse oder der Blindschleiche, trifft man hier nicht nur auf mindestens 27 Libellen-, 10 Heuschrecken- und 75 Laufkäferarten, auch seltene Amphibien wie die Gelbbauchunke, die als Leitart für diesen Lebensraum anzusehen ist, haben die Ballertasche zu ihrer Alternativ-Heimat gemacht.
Gelbbauchunke im Fokus
In Niedersachsen leben insgesamt nur noch 1000 bis 1500 Gelbbauchunken, deren europäische Gesamtverbreitung sich von Frankreich bis in die Ukraine und über den Balkan sowie die Apennin-Halbinsel erstreckt. Die Ballertasche an der Weser bei Gimte ist das nördlichste Vorkommen der Leitart, die seit 1994 auf der Roten Liste Niedersachsen/Bremen als vom Aussterben bedroht geführt wird. Während in der Ballertasche Anfang der 1990er Jahre noch etwa 100 Tiere gezählt wurden, hat sich ihr Bestand im Laufe der letzten 20 Jahre auf 20 bis 30 Unken reduziert. Sie leben vor allem im Bereich der Kiesgewinnung und ziehen mit dem Bodenabbau mit, da durch die Baggerarbeiten ständig neue Wassergräben und kleine Pfützen entstehen – eine künstlich erzeugte Bodendynamik, die der natürlichen Auendynamik von Überschwemmung und Austrocknung sehr nahe kommt. Obwohl die Firma mit ihrer Arbeit also wesentlich zum Erhalt der Gelbbauchunke beiträgt, stand sie 1984 in der Kritik mehrerer Naturschutzgruppen. Aus Sorge, dass durch die Verfüllung alter Schlämmteiche wertvoller Lebensraum für die Tiere zerstört werden könnte, hielten sie die Grube für eine Woche besetzt. Durch das große Verständnis für das Anliegen der Naturschützer auch von Seiten der Klosterkammer Hannover als Landeigentümerin, wurde schließlich der südliche Teil des Abbaugebiets als Vertrags-Naturschutzgebiet sichergestellt.
Mehr Gelbbauchunken für die Ballertasche
Da es sich aufgrund der schrumpfenden Gelbbauchunken-Population auf dem weitläufigen Gelände der Ballertasche viel zu selten ergibt, dass sich zwei Tiere zur Paarung treffen, will der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) jetzt nachhelfen: Um die Larven der Unken vor natürlichen Fressfeinden zu schützen und langfristig den Bestand der Tiere zu erhöhen, wurden bereits im Sommer 142 Kaulquappen aus dem Kiesabbaugebiet entnommen und in der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen im Landkreis Schaumburg von Menschenhand aufgezogen. Täglich standen dort Fruchtfliegen, Mini-Grillen und kleine Würmer auf dem Speiseplan. In drei verschiedenen Entwicklungsstadien werden die kleinen Unken jetzt wieder in den Teil der Ballertasche entlassen, der als Naturschutzgebiet deklariert wurde. Um den Tieren hier annähernd natürliche Lebensbedingungen zu schaffen, versuchen der NLWKN und der Landkreis Göttingen, unterstützt durch die Firma August Oppermann und die Klosterkammer Hannover, neue Laichgewässer anzulegen und die Flächen durch diverse Pflegemaßnahmen möglichst vegetationsfrei zu halten. 31 Tiere hat man bereits Mitte August im Naturschutzgebiet ausgesetzt, weitere 30 folgten jetzt, Ende August. Im Frühjahr nächsten Jahres beziehen in einer dritten Etappe dann die letzten, bereits erwachsenen Tiere das Areal. Vor der Auswilderung hat man die Bauchseite jeder Unke in der Artenschutzstation fotografisch dokumentiert: „Die Gelb-Schwarz-Zeichnung jedes einzelnen Individuums ist so charakteristisch, dass man die Tiere wie mit einem Fingerabdruck wieder erkennen kann“, erklärt Richard Podloucky, Amphibien-Experte des NLWKN. So könne man bei der jährlichen Bestandskontrolle feststellen, welches Stadium sich am besten entwickelt habe und gleichzeitig wichtige Erkenntnisse für zukünftige Projekte dieser Art sammeln. Eines jedoch weiß Podloucky schon jetzt: „Wenn die Firma August Oppermann eines Tages ihren Betrieb in der Ballertasche einstellt, wird es mit unseren Pflegemaßnahmen allein schwer werden, den Gelbbauchunkenbestand zu sichern.“